THEATERFORMEN BRAUNSCHWEIG 2010


20 Jahre Theaterformen! Das Festival vom 2. bis 12. Juni 2010 schaut aber keinesfalls sentimental zurück – in bester Theaterformen-Tradition wird wieder das Theater der Zukunft präsentiert. Außergewöhnliche und anspruchsvolle Formate für das Publikum der Zukunft zeigt ein Programmteil für Kinder und Jugendliche. Mehrere Stücke aus der überaus lebendigen Theaterszene von Buenos Aires werfen einen Blick in eine mögliche zukünftige Gesellschaft nach der Krise (den völligen Zusammenbruch der Wirtschaft hat Argentinien ja vor zehn Jahren bereits erlebt). Und der Themenschwerpunkt Presence of the Colonial Past fragt am Beispiel von Kunst aus und über Afrika nach dem Verhältnis von Europa zu seinen ehemaligen Kolonien - ein Thema, das für die Zukunft Afrikas ebenso bedeutsam ist wie für die Europas. Wie immer ist der Name Programm: ein cinematographisches Stadtprojekt von Dries Verhoeven, die zweite Edition des T-Shirt-Abos, seltsame theatrale Choreografien aus Japan, Bildertheater über den Gegensatz von Natur und Kultur aus der Schweiz oder aber ein hochkarätiges Ensemble in der Regie von Jürgen Gosch bilden die ganze Bandbreite und Vielfalt zeitgenössischer Theaterformen ab. Neben den Bühnen des Staatstheaters, dem LOT, Räumen im Rebenpark und einem öffentlichen Platz, wird im Museumspark ein Zelt als Theater im Park eine zentrale Spielstätte des Festivals sein. Im Theaterpark wiederum laden wir allabendlich ins Festivalzentrum Gartenhaus Haeckel zu einem ausgesuchten Konzertprogramm ein – Eintritt frei!


FESTIVAL THEATERFORMEN SEIT 1990


Der Name ist Programm: Seit 1990 präsentiert das Festival Theaterformen in Braunschweig und Hannover die Vielfalt zeitgenössischer Theaterproduktionen: großes Spektakel oder intimes Kammerspiel, Dramenklassiker oder Dokumentartheater, Monodramen oder Multimedia-Installationen – oder aber Formen und Formate, für die die Namen erst noch erfunden werden mussten. Über die Jahre hat sich auch das Festival immer wieder neu erfunden, neu ausgerichtet, neu aufgestellt. Produktionen von allen Kontinenten haben in der Vergangenheit das Programm geprägt, dazu innovative Theatermacher aus der Bundesrepublik, Österreich und der Schweiz. Das Festival hat dabei bis einschließlich 2009 mehr als die Hälfte seiner bisher rund 170 Produktionen als Uraufführungen, deutschsprachige Erstaufführungen, Deutschlandpremieren- und Europa-Premieren herausgebracht. Viele Projekte wurden speziell für Theaterformen in Auftrag gegeben oder als Koproduktionen möglich gemacht.


Theaterformen 1990 (Braunschweig)

Im November 1990 wird das Festival in Braunschweig von Bernd Kauffmann aus der Taufe gehoben. Der Etat kommt aus Mitteln der Zonenrandgebietsförderung. Die thematische Auseinandersetzung der ersten Ausgabe gilt William Shakespeare. Gegenübergestellt werden vor allem zwei Inszenierungen: La Tempete, eine Koproduktion mit dem C.I.C.T, Paris, in der Regie von Peter Brook und Titus Andronicus in der Regie von Peter Stein. Kleine Produktionen und ein Rahmenprogramm mit Filmen, Videos, Performances runden das Festival ab.
Künstlerische Leitung: Bernd Kauffmann, Peter Ries
Generalintendant: Mario Krüger (bis 1992)


Theaterformen 1991 (Braunschweig / Wolfenbüttel)

Der Schwerpunkt der zweiten Ausgabe, die teilweise auch das benachbarte Wolfenbüttel bespielt, lautet Osteuropa. Zentral sind zwei Auftragsproduktionen: Die Dramatisierung von Dostojewskis Dämonen in der Regie von Lev Dodin, Maly Drama Theater, St. Petersburg und Nathans Tod, Text und Regie von Georges Tabori, als Koproduktion mit dem Bayerischen Staatsschauspiel. Der polnische Regisseur Andrzej Wajda ist mit Hochzeit zu Gast, außerdem der rumänische Regisseur Silviu Purcarete mit König Ubu und Szenen aus Macbeth und der Schweizer Spurensucher und Echosammler Hans Peter Litscher mit Lessing's Blessings.
Künstlerische Leitung: Bernd Kauffmann, Peter Ries


Theaterformen 1995 (Braunschweig, Wolfenbüttel, Hannover)

Weil der Eiserne Vorhang im Staatstheater Braunschweig herabstürzt, müssen in letzter Minute die Aufführungen verlegt werden. Wolfenbüttel wird so zur einzigen Europa-Station von einer der spektakulärster Produktion des kanadischen Virtuosen Robert LePage: Die sieben Ströme des Flusses Ota. Auf einem Fabrikgelände im Braunschweiger Stadtteil Kralenriede erlebt ein Musical aus Soweto seine Europa-Premiere: Mama von der Playhouse Company Durban von Mbogeni Ngema. Die Hanomag-Halle in Hannover wird zum Schauplatz einer weiteren bildgewaltigen Produktion: Dantes Göttliche Komödie inszeniert von dem kroatischen Regisseur Tomasz Pandur. Anatoli Wassillew zeigt mit einem jungen Moskauer Ensemble Puschkins Eugen Onegin.
Künstlerische Leitung: Thomas Petz
Generalintendant: Jürgen Flügge


Theaterformen 1998 (Braunschweig / Hannover)

Mit Elmar Goerden (Das Meer war groß), Martin Kusej (König Arthur), Karin Beier (Der Sturm) und dem Ensemble Modern von Heiner Goebbels (Eislermaterial, Schwarz auf Weiß) präsentiert das Festival verstärkt aktuelle deutsche Regiehandschriften. Der unglaubliche Siegeszug des schrägen Rockmusicals Shockheaded Peter von den Briten Julian Crouch, Phelim McDermott und den musizierenden Tiger Lilies auf dem Kontinent beginnt mit der Europa-Premiere in Hannover. Weitere Produktion stellen die Arbeit von Jan Fabre (Belgien) Eimuntas Nekrosius (Litauen), Johan Simons (Niederlande) und Forced Entertainment (Großbritannien) vor.
Künstlerische Leitung: Marie Zimmermann
Schauspielintendant Hannover: Ulrich Khuon (bis 2000)
Generalintendant Braunschweig: Wolfgang Gropper (bis 2010)


Theaterformen 2000 (Braunschweig / Hannover)

Mit einem Schwerpunkt auf Figuren- und Objekttheater bietet die fünften Ausgabe Inszenierungen aus Australien, Kanada, Russland, Israel, Argentinien. Das kleinste Format ist ein Live-Kino von vier Akteuren in einer kleinen Schaubude für einen Zuschauer (It’s your film, Stan’s Café, Großbritannien). Aus Südafrika kommt die Handspring Puppet Company des Regisseurs, Filmemachers und Künstlers William Kentridge mit Chimp Project. Pina Bausch (Kontakthof) und der belgische Choreograph Alain Platel (Allemaal Indiaan) geben Einblick in das zeitgenössische Tanztheater. Weitere Höhepunkte sind Hamlet in der Regie von Peter Zadek (mit Angela Winkler als Hamlet) und Die Zofen (inszeniert und gespielt von Ignaz Kircher und Gert Voss).
Künstlerische Leitung: Marie Zimmermann


Theaterformen 2002 (Braunschweig / Hannover)

Das internationale Programm prägen Gerardjan Rijnders & Tom Lanoye aus den Niederlanden (Mamma Medea), Richard Maxwell aus den USA sowie Gruppen aus Kroatien und Argentinien, aus dem deutschsprachigen Raum stellen sich Joachim Schlömer (La Guerra d’Amore, Tanztheater), Christoph Marthaler und René Pollesch vor. Inspiriert von der Bildenden Kunst finden Arbeiten von David Claerbout und Yang Zhenzhong Eingang, dazu die Inszenierung des Filmklassikers Fahrenheit 451 durch Fred Kelemen. Die gerade gegründete Formation Rimini Protokoll beobachtet in dem Projekt Sonde Hannover die Stadt von oben.
Künstlerische Leitung: Veronica Kaup-Hasler
Schauspielintendant Hannover: Wilfried Schulz (bis 2009)


Theaterformen 2004 (Braunschweig / Hannover)

Die Auseinandersetzung mit Fundamentalismus und Demokratie bestimmt die gesellschaftspolitsche Fragestellung des Festivals. Der libanesische Publizist und Theatermacher Rabin Mroué ist mit zwei Produktionen vertreten (Biokhraphia, Looking for A missing employe), außerdem der polnisches Regisseur Krysztof Warlikowski (Macbeth) und die englisch-deutsche Performancegruppe Gob Squad (Room Service). Zu den deutschen Regisseuren zählt erstmals Frank Castorf. Ein breites Dialog-Programm bietet Vorträgen und Diskussionen mit Denkern wie Zygmunt Bauman, Slavoj Žižek und Antonio Negri.
Künstlerische Leitung: Veronica Kaup-Hasler


Theaterformen 2007 (Hannover)

Ungewöhnliche Formate wie ein Theaterzirkus (Cirque désaccordé aus Frankreich) und ein brasilianisches Jugendprojekt (Afro Reggae) prägen das Programm, das ab 2007 abwechselnd in Braunschweig und Hannover stattfindet. Am Kröpcke spielt das australische Back to Back Theatre ihr Stück Small metal objects zwischen den Passanten in der Fußgängerzone. In Koproduktion mit dem schauspielhannover und dem Schauspielhaus Hamburg kommt die Uraufführung von Pornographie von Simon Stephens heraus und wird später zum Theatertreffen eingeladen.
Künstlerischer Leiter: Stefan Schmidtke
Ausführliche Infos zu dem Programm der Theaterformen 2007 gibt es im Archiv.


Theaterformen 2008 (Braunschweig)

Für den Chor in der antiken Tragödie Die Perser mobilisiert die Regisseurin Claudia Bosse über 300 Laiendarsteller, der ukrainische Künstler Boris Mikhailov hält sie in Porträtaufnahmen fest. Einen kulinarischen Zugang bietet das französische Théâtre Dromesko mit der Suppenkantine La Baraque mit Gesang und Marionetten und die begehbare Torte des Théâtre des Confettis aus Kanada. Sechs Stunden lang halten Ivo van Hoves Schauspieler die Zuschauer mit den Römischen Tragödien in Bann. Als deutscher Regisseur gibt Armin Petras seinen Festival-Einstand mit Zwei arme Polnisch sprechende Rumänen.
Künstlerischer Leiter: Stefan Schmidtke
Ausführliche Infos zu dem Programm der Theaterformen 2008 gibt es im Archiv.


Theaterformen 2009 (Hannover)

Gespielt wurde im Schauspielhaus, auf den Ballhofbühnen und im Theater am Aegi, aber auch am Hauptbahnhof, im Neuen Rathaus und im Georgengarten: 2009 war oft die Stadt selbst die Bühne für das Festival. In Mats Staubs Erinnerungsbüro reisten Besucher in zahlreichen Erzählungen von Enkeln durch die Zeit. Die fremden Führer in Dries Verhoevens Niemandsland begleiteten Zuschauer einzeln durch ein ganz anderes Hannover. Im Rathaus brachten die Besucher von Some things happen all at once eine Modellstadt aus Eis zum Schmelzen. Die mitreissenden marokkanischen Artisten aus Taoub sorgten ebenso für Begeisterungsstürme wie das Ensemble der Münchner Kammerspiele in Andreas Kriegenburgs Inszenierung von Der Prozess. Die Spanierin Cuqui Jerez stiftete vergnügliche Verwirrung mit The Rehearsal, Serge und seine langhaarigen Rockerkollegen aus La Mélancolie des Dragons verblüfften in der Regie von Philippe Quesne mit absurden Spezialeffekten, und Jugendliche aus Hannover frönten in City Circus Zero Work höchst unterhaltsam der Faulheit. Die Sterne, Stereo Total, Kaminers Russendisko und viele weitere Konzerte lockten Tausende in den Hof des Schauspielhauses. Künstlerische Leitung: Anja Dirks
Ausführliche Infos zu dem Programm der Theaterformen 2009 gibt es im Archiv.